«If the immutable character of sex is contested, perhaps this construct called ‘sex’ is as culturally constructed as gender; indeed, perhaps it was always already gender, with the consequence that the distinction between sex and gender turns out to be no distinction at all.»
Judith Butler
Judith Butler ist die Denkerin, die in meinem Kopf gleichzeitig die grössten Knoten und Feuerwerke verursacht hat. Zunächst war da die Erkenntnis, dass die Zuschreibung zu einer binären Kategorie (Frau*) nichts über mich und mein Leben aussagt. Dass es keine Rolle spielen sollte. Soweit, so gut und soweit, so entfernt von der Realität. Allein das zu erkämpfen würde uns wahrscheinlich weitere hunderte von Jahren kosten. Doch damit nicht genug. Butler sagt ebenfalls, dass auch das biologische Geschlecht sozial konstruiert ist und damit eigentlich gar nicht vom sozialen Geschlecht zu unterscheiden. Mein Reflex: «Aber ich habe doch zwei X-Chromosomen (glaube ich jedenfalls). Das wird sie doch nicht wegdiskutieren wollen?» Ich gestehe, dass das die Gender Studies Kurse vorbei waren, ehe ich diese Frage für mich klären konnte, deshalb behelfe ich mich vorerst mit dieser Argumentation: Butler sagt nicht, dass das biologische Geschlecht nur konstruiert sei und somit nicht existiere, sondern sie sagt, es ist sozial konstruiert im Sinne von: irgendwelche (männlichen*) Menschen haben festgelegt, dass Frauen* «die mit den zwei X-Chromosomen» sind, weil die (wenn alles nach Plan läuft) gebären können im Gegensatz zu den Männern* – das Thema, um das sich seit Darwin alles dreht. Anhand der Evolutionstheorie finde ich das Argument, dass «biologische Tatsachen» von Menschen zu solchen «Tatsachen» gemacht werden, übrigens ziemlich einfach zu verstehen. Wir könnten ja auch sagen, dass alle Menschen mit hellen Haaren Frauen* sind und alle Menschen mit dunklen Haaren Männer*. Und schon wäre Homosexualität gar nicht mehr so ungewöhnlich. Und Gebären wäre keine Frage des Geschlechts.
Johanna Seeliger